Pflegekinderrecht-Blog

Neulich bei den Pflegeeltern

Rechtsanwalt Matthias Westerholt aus Bremen informiert

Der Bundesrat hat am 15.10.2010 zum Gesetzentwurf zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts Stellung genommen. Das neue Gesetz dient in erster Linie der Begrenzung der bisherigen hohen Fallzahlen in der Amtsvormundschaft und sieht u. a. vor, dass ein Amtsvormund nicht mehr als 50 Mündel betreuen darf.

Der Bundesrat spricht sich in der Bundesratsdrucksache BR-Drucks. 537/10 (B) sich dafür aus, von einer zahlenmäßigen Bezifferung abzusehen. Außerdem will der Bundesrat die konkrete Ausgestaltung des Kontaktes zwischen Mündel und Vormund flexibler ausgestalten. Wichtigstes Anliegen ist jedoch die Feststellung der Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzentwurfes durch den Bundesrat. Die Länderkammer fordert darüber hinaus, dass der Bund die infolge des Gesetzes den Kommunen entstehenden finanziellen Mehrkosten ausgleicht.

Im Einzelnen werden folgende (andere ) Formulierungen vorgeschlagen:

Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 1793 Absatz 1a Satz 2, 3 -neu- BGB)

In Artikel 1 Nummer 1 ist § 1793 Absatz 1a Satz 2 durch folgende Sätze zu ersetzen:

“Die Ausgestaltung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, deren Beurteilung in der fachlichen Eigenverantwortung des Vormundes liegt. Dabei hat der Vormund insbesondere zu beurteilen, ob es erforderlich ist, den Mündel in dessen üblicher Umgebung aufzusuchen.”

Begründung:

Durch die Änderungen wird von der statischen Festschreibung einer bestimmten Kontakthäufigkeit abgesehen. Stattdessen wird klargestellt, dass sich die konkrete Ausgestaltung der Kontakte – also Ort, Inhalt und Umfang – nach den Umständen des Einzelfalles richtet. Der anzufügende Satz 3 stellt sicher, dass der Vormund in jedem Einzelfall beurteilt, ob die Umstände, insbesondere die Bedürfnisse des Mündels, einen Kontakt in dessen üblicher Umgebung erforderlich machen. Eine solche Kontaktregelung ist realistisch, angemessen flexibel und trägt somit den Umständen des Einzelfalles Rechnung, deren Beurteilung in der fachlichen Eigenverantwortung des Vormundes bzw. Pflegers liegt. Diese Regelung stellt nicht die Kontrolle und Überwachung zur Abwendung von Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung in den Vordergrund, sondern die Intensivierung des persönlichen Kontakts zwischen Vormund und Mündel zur Verbesserung von dessen Pflege und Erziehung.

Zu Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe a (§ 55 Absatz 2 Satz 2a -neu- SGB VIII)

In Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe a § 55 Absatz 2 ist nach Satz 2 folgender Satz einzufügen:

“Eine ausnahmsweise vor der Übertragung unterbliebene Anhörung soll umgehend nachgeholt werden.”

Begründung:

Der neu einzufügende Satz berücksichtigt, dass eine Anhörung im Einzelfall, wenn schnelles Eingreifen und Handeln eines Vormundes bzw. Pflegers notwendig sind, nicht vor Übertragung erfolgen kann. Für diese Fälle wird klargestellt, dass die Anhörung schnellstmöglich nachgeholt werden soll.

Zu Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe a (§ 55 Absatz 2 Satz 3 SGB VIII)

In Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe a § 55 Absatz 2 Satz 3 sind die Wörter “soll höchstens 50 und bei gleichzeitiger Wahrnehmung anderer Aufgaben entsprechend weniger Vormundschaften oder Pflegschaften führen.” durch die Wörter “soll nur so viele Vormundschaften und Pflegschaften führen, dass diese unter besonderer Berücksichtigung des persönlichen Kontakts zu dem Mündel und der Wahrnehmung anderer Aufgaben verantwortlich ausgeübt werden können.” zu ersetzen.

Begründung:

Die geänderte Formulierung stellt klar, dass Beamte und Angestellte, die mit der Führung von Vormundschaften oder Pflegschaften betraut sind, nur so viele Vormundschaften und Pflegschaften führen sollen, dass diese unter besonderer Berücksichtigung des persönlichen Kontakts zu dem Mündel und der Wahrnehmung anderer Aufgaben verantwortlich ausgeübt werden können. Der Umfang der dem einzelnen Mitarbeiter beim Jugendamt zugewiesenen Vormundschaften und Pflegschaften muss am sozialpädagogisch erforderlichen Maß ausgerichtet sein. In der Regel ist davon auszugehen, dass für einen vollzeitbeschäftigten Beamten oder Angestellten, der ausschließlich mit der Führung von Vormundschaften oder Pflegschaften betraut ist, je nach den Umständen des Einzelfalls ein Orientierungsrahmen von 50 Vormundschaften oder Pflegschaften angemessen ist. Die konkrete Festlegung im Einzelfall muss aber der Organisationshoheit der kommunalen Jugendämter vorbehalten bleiben.