Pflegekinderrecht-Blog

Neulich bei den Pflegeeltern

Rechtsanwalt Matthias Westerholt aus Bremen informiert

Intervie mit Philipp Zehl vom Weser Kurier 

 

Musik verbindet und überwindet Grenzen. Auch beim Thema Inklusion ist Musik ein wichtiger Aspekt. Viele Menschen mit Beeinträchtigungen – auch Schülerinnen und Schüler – besuchen hier in der Region die Musikschule des Landkreis Verden. Dabei wissen viele gar nicht, dass bis vor Kurzem in der Einrichtung sogar eine Gruppe – bestehend aus Mädchen und Jungen mit Beeinträchtigungen – existierte, die auch Konzerte gab.
Vor über einem Jahrzehnt gründete sich die Gruppe „MUB – Musik und Bewegung“, die für Kinder mit besonderem Förderbedarf konzipiert war und insgesamt über ein Jahrzehnt gemeinsam musizierte. Den Startschuss für das Projekt machte Musikschullehrerin Sybille Wolf, nachdem sie sich entschlossen hatte, gemeinsam mit der Kreismusikschule (KMS) eine inklusive Musikgruppe ins Leben zu rufen. „Durch mein soziales Jahr in einer Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigungen, in dem ich auch schon eine Blockflötengruppe leitete, entstand der Wunsch, dies auch in der Musikschule zu ermöglichen“, erklärt Wolf.

 

Hierfür hatte Wolf vorab einen zweijährigen berufsbegleiteten Lehrgang des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) zum Thema „Musik für Menschen mit Behinderungen an Musikschulen“ belegt. Nachdem die Mädchen und Jungen von klein auf gemeinsam musiziert hatten, löste sich die Gruppe Ende des vergangenen Jahres auf. Der Grund dafür war, dass die Gruppenmitglieder einen neuen Lebensabschnitt begonnen haben und beispielsweise dafür in eine betreute Wohneinrichtung gezogen sind.
„Wir unterrichten weiterhin Schüler mit Behinderungen, doch diese Gruppe war einmalig“, erzählt Ulrike Petritzki, Leiterin der KMS. Die Mädchen und Jungen hätten bereits im Vorschulalter angefangen und seien bis hin zum Erwachsenenalter dabei geblieben. Dies sei etwas Besonderes und nicht selbstverständlich. Doch nicht alle Mitglieder der Gruppe sind weg. „Eine Schülerin bleibt weiter im Einzelunterricht“, erklärt Petritzki, die seit 1997 die Leiterin der KMS ist, und blickt auf die vergangenen Jahre zurück.

 

Apropos zurückblicken. Auch Sybille Wolf, die die Gruppe von Anfang an begleitete und unterrichtete, schaut auf eine intensive und spannende Zeit zurück. Neben dem Singen und Tanzen haben aber auch alle Beteiligten mit- und voneinander gelernt, so Wolf. Ihr blieb vor allem die unmittelbare Freude der Kinder am musikalischen Tun in Erinnerung. Wolf: „Es war eine bunt gemischte Truppe, viele Fähigkeiten trafen aufeinander: Rhythmusgefühl, Gespür für Melodien, Willensstärke, Merkfähigkeit, Kreativität und Spaß an der Musik“. Gerade für diese Schülergruppe gebe es kein Muster, das man überstülpen könne. „Der Kernsatz war, dass man sie da abholen sollte, wo sie stehen“.

 

Dabei hatte die Musik vielerlei Auswirkungen auf die Mädchen und Jungen. „Da verbesserte sich das Sprechen durch den wiederkehrenden Begrüßungsvers, bestimmte Bewegungen wurden trainiert durch Tanz-Choreografien, Verspannungen und Bewegungsmuster wurden gelöst durch Spiel auf entsprechenden Instrumenten“, erklärt Wolf. Doch nicht nur die Schüler machten Fortschritte und lernten, sondern auch die Leiterin machte neue Erfahrungen. „Alles dauerte seine Zeit, alles hatte seine eigenen Regeln – meine bisherigen Erfahrungen, wann und wie Lernziele zu erreichen sind, wurden ausgehebelt“, erzählt die Lehrerin. Anstelle von Instrumenten nach Noten oder Rhythmusschrift zu erlernen, habe Wolf mit der Gruppe versucht, eigene Regeln zu entwickeln. Dazu zählte, dass es kein Konzept oder Lehrplan gab, sondern alles aus der Situation heraus getan wurde. „Das gibt einige Freiheiten“, findet Wolf. Im Laufe der Zeit habe jeder Teilnehmer sein Lieblingsinstrument gefunden, beispielsweise Blockflöte, Gitarre, Klavier, Kontrabass oder Cajon.

 

Unterstützt werden viele junge Musiker dabei von der KMS, die Mietinstrumente zum Leihen anbietet. Dabei trägt der Förderverein „Mehr-Musik“ zur finanziellen Entlastung der KMS bei. „Wir versuchen als Förderverein das zu unterstützen, was eine Schule so nicht allein bewältigen kann. Beispielsweise haben wir vor Kurzem die vermieteten Musikinstrumente generalüberholen lassen“, erklärt Matthias Westerholt, 2. Vorsitzende des Fördervereins. Ein anderes Projekt, das der Verein bezuschusst habe, sei die monatliche finanzielle Unterstützung des Geigenunterrichts von Flüchtlingskindern gewesen. „Der Verein selbst finanziert sich durch Spenden sowie Mitgliedsbeiträgen“, sagt Westerholt, der seit drei Jahren im Vorstand ist.
Zurück zur Gruppe. Damit die Musikschüler ihre erlernten musikalischen Fähigkeiten auch zeigen konnten, veranstaltete die Gruppe mehrere Konzerte. Wolf: „Die Gruppe hat immer vor den Sommer- und Weihnachtsferien ein Konzert für die Eltern gegeben“. Weiter sei die Gruppe auch am Gleichstellungstag der Lebenshilfe aufgetreten, da viele der ehemaligen Gruppenmitglieder damals dort betreut wurden.
Neuer Kursus startet

 

„Schwierigkeiten gab es nie“, erinnert sich Petritzki. Im Laufe der Jahre sei eine Art familiäres Umfeld zwischen allen Beteiligten entstanden. Aus diesem Grund will die KMS gemeinsam mit Sybille Wolf nach den Sommerferien erneut einen Kursus für Kinder mit Beeinträchtigungen anbieten. Hier hofft die Leiterin der KMS auf rege Beteiligung. Petritzki: „Es wäre eine tolle Sache, wenn Eltern ihre Kinder mit Behinderungen ab dem Vorschulalter – im Alter von fünf bis sechs Jahren – anmelden, um eine neue Gruppe zu aufzubauen, die gemeinsam groß wird“.
Denselben Wunsch teilt auch Sybille Wolf. Die Musikschullehrerin will erneut eine Gruppe leiten, mit dem Ziel, die Musikschüler erneut wachsen und reifen zu sehen und diese auf ihrem Weg zu begleiten. Weitere Informationen gibt es unter der Rufnummer 0 42 31/ 1 53 63 oder per Mail an kreismusikschule@landkreis-verden.de.

 

 

 

Das Interview finden Sie auf der Seite des Weser Kuriers >>