Pflegekinderrecht-Blog

Neulich bei den Pflegeeltern

Rechtsanwalt Matthias Westerholt aus Bremen informiert

Frage:

Darf das Jugendamt ein Pflegekind, für welches wir die Vormundschaft haben, einfach so in Obhut nehmen?

Antwort:

Nein. Einfach so nicht. Leider tun es viele Jugendämter trotzdem. Ein Kind darf nur dann in Obhut genommen werden, wenn eine dringende Gefahr für das Kindeswohl besteht. Dabei ist es egal, ob es sich um leibliche Eltern oder Pflegeeltern handelt oder für das Kind eine Vormundschaft besteht. Die Eingriffsschwelle ist sehr hoch und nur bei unmittelbar drohenden Gewalttätigkeiten oder Vernachlässigungen vertretbar. Stimmen Sie als Vormund der Inobhutnahme nicht zu, muss das Jugendsamt sofort das Familiengericht um Erlaubnis fragen. Leider zeigt die Erfahrung, dass Jugendämter auch dann Pflegekinde in Obhut nehmen, wenn sie allgemein mit den Pflegeeltern unzufrieden sind oder eine neue Sachbearbeiterin die Lage anders einschätzt. Selbst wenn das Kind schon jahrelang in der Pflegefamilie lebt oder selbst unbedingt zurück möchte. Beim Familiengericht wird man dagegen fast nie geschützt. Ist das Kind erst einmal in Obhut genommen und in einer Wohngruppe untergebracht, traut sich kaum ein Familiengericht, die sofortige Rückführung anzuordnen, auch wenn ganz offensichtlich keine unmittelbare Kindeswohlgefahr besteht. Wichtig ist hier schnelles Handeln. Je länger die (rechtswidrige) Inobhutnahme andauert, desto schwieriger ist es, das Kind zurückzubekommen.