Pflegekinderrecht-Blog

Neulich bei den Pflegeeltern

Rechtsanwalt Matthias Westerholt aus Bremen informiert

Frage:

In CORONA Zeiten entstehen viele neue Frage. Können wir als Pflegeeltern entscheiden, ob unser Kind am Präsenzunterricht in der Schule teilnimmt? Können wir entscheiden, ob wir die Notbetreuung in Anspruch nehmen? Oder sind dafür die sorgeberechtigten Eltern oder der Vormund zuständig?

Antwort:

Pflegeeltern haben die Alltagsvollmacht (§ 1688 BGB). Alle „alltäglichen“ Entscheidungen können sie ohne Rücksprache mit irgendjemand treffen. Es sei denn, die sorgeberechtigten Eltern oder der Vormund treffen selbst eine alltägliche Entscheidung. Dann sind die Pflegeeltern daran gebunden. Wird durch solche Eingriffe in die Alltagsvollmacht das Familienleben empfindlich gestört oder die Interessen des Kindes nachhaltig beeinträchtigt, kann das Familiengericht gebeten werden, zu vermitteln. Gibt es eine Verbleibensanordnung zu Gunsten der Pflegeeltern, kann die Anordnung die Alltagsvollmacht über diesen Weg nicht beschränkt werden. Aber das leibliche Eltern oder der Vormund auf dieser Ebene aktiv sind und die Pflegeeltern in ihrer familiären Freiheit beschneiden, ist eher selten.  Darum kommt es darauf an, was Alltag und was „besonders“ ist. Die Entscheidung über die Teilnahme am Präsenzunterricht  und die Inanspruchnahme der Notbetreuung sind auf jeden Fall alltägliche Entscheidungen. Das Distanzlernen ist ja (theoretisch) genau wie der Präsenzunterricht normale Beschulung. Nur eben in anderer Form. An welcher Form nun das Kind teilnimmt, muss im familiären Alltag entschieden werden. Das Gleiche gilt für die Notbetreuung. Das Kindeswohl wird dadurch nicht geschädigt. Und ob die Notbetreuung in Anspruch genommen werden muss oder soll, ergibt sich aus dem Alltag der Pflegefamilie. In beiden Fällen haben die sorgeberechtigten Eltern oder der Vormund nicht einzumischen.