Pflegekinderrecht-Blog

Neulich bei den Pflegeeltern

Rechtsanwalt Matthias Westerholt aus Bremen informiert

Frage:

Vor zwei Jahren sollte den leiblichen Eltern das Sorgerecht entzogen werden. Sie stimmten der Herausnahme des Kindes jedoch zu und behielten das Sorgerecht. Seitdem lebt die 5-jährige Nathalie  bei uns als Pflegekind. Damals wurde den leiblichen Eltern gesagt, dass eine Rückführung frühestens in zwei Jahren möglich sei. Voraussetzung sei ein Drogenentzug und eine Psychotherapie. Jetzt sind die zwei Jahre um und die leiblichen Eltern verlangen die Rückführung. Müssen wir Nathalie herausgeben?

Antwort:

Nein. Sie sollten schnellstmöglich einen Verbleibensantrag beim für Ihren Wohnort zuständigen Amtsgericht stellen. Dort wird, mit Sicherheit unter Hinzuziehung eines Gutachters geprüft, ob die Eltern aktuell (dauerhaft) erziehungsgeeignet sind, mit Nathalie nach einer (wahrscheinlich traumatisierenden) Herausnahme aus ihrer sozialen Familie zurechtkämen und vor allem, ob man Nathalie jetzt, nach einer so langen Zeit die Herausnahme überhaupt zumuten kann, ohne dass sie bleibenden Schaden nimmt. Dabei kommt es vor allem auf die Qualität der Bindungen zu Ihnen und den Willen des Kindes an. Die Aussage des damaligen Richters, nach zwei Jahren werde das Kind zurückgeführt ist Quatsch. Die aktuelle Situation und die Folgen einer Herausnahme für das Kind werden immer geprüft. Durch solche Aussagen werden leibliche Eltern „beruhigt“, der Richter muss keine komplizierte Entscheidung treffen , das Jugendamt hat es nachfolgend leichter mit den Eltern. Eine win-win Situation für alle Beteiligten. Aber eigentlich eine Sauerei. Die Folgen müssen Kind und Pflegeeltern ausbaden. Besser wäre es, den Eltern reinen Wein einzuschenken. Aber egal. Es ist, wie es ist. Sie sollten darlegen, wie sehr das Kind an Sie gebunden ist, wie sie die Eltern erleben und vor allem ganz genau nachfragen und nachprüfen lassen, ob die Eltern wirklich drogenfrei leben und die behaupteten Therapie tatsächlich bis zum Ende durchgehalten haben. Auch die Zuverlässigkeit und Kontinuität der Umgänge spiet bei der Frage der Zukunft des Kindes eine Rolle. Das Versprechen der Rückführung nach 2 Jahren muss jedenfalls keinesfalls eingehalten werden.