Die leiblichen Eltern waren ganz und gar nicht damit einverstanden, dass ihr Kind in einer Pflegefamilie lebt. Seit mehreren Jahren überzogen sie die Pflegeeltern und das Jugendamt mit familiengerichtlichen Anträgen und Beschwerden. Alle Entscheidungen der Pflegeeltern wurden in Zweifel gezogen, abgewehrt oder schlicht ignoriert. Das Kind durfte nicht getauft werden, durfte nicht die Schule seiner Wahl besuchen, durfte nicht mit auf Klassenfahrt und erhielt das Verbot, bei der Jugendfeuerwehr mitzumachen. Irgendwann hatte das Jugendamt die Faxen dick. Es beantragte den Entzug der elterlichen Sorge in vollem Umfang. Das Kindeswohl sei gefährdet, die Pflegefamilie völlig überstrapaziert, das Kind würde schon negativ reagieren. Nach vielem Hin und Her, einem Befangenheitsantrag gegen die Verfahrensbeiständin und drei spontane Terminabsagen fand endlich die gerichtliche Anhörung statt. Die Eltern, die kurzfristig ins Ausland verzogen waren, waren per Video zugeschaltet.
Es ging Hin und Her. Die Richterin schwankte. Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Die Eltern seien ja erreichbar, die Bedenken der Eltern seien stets sachlich und nachvollziehbar, ein Kind sei nun einmal abhängig vom Vorgehen und Denken seiner Eltern. Da platzte der Pflegemutter der Kragen. Ich habe die Schnauze voll. Seit vier Jahren geht das Theater. Ich mache das nicht länger mit. Entweder, Sie schlagen sich jetzt auf unsere Seite und geben uns oder dem Jugendamt das Sorgerecht oder WIR stellen einen Befangenheitsantrag – gegen Sie. Die Stimmung kochte. Die leiblichen Eltern waren außer sich. Jugendamt und Verfahrensbeiständin schwiegen und senkten ihre Köpfe. Die Richterin wurde knallrot, beendete die Sitzung und verließ den Saal. Drei Wochen später kam der Beschluss – das Sorgerecht wird insgesamt entzogen und auf das Jugendamt als Vormund übertragen.
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Hut ab vor einer so couragierten Pflegemutter.
Da positioniert sie sich kraftvoll und authentisch im kaukasischen Kreidekreis, indem sie auf den Punkt bringt, was ihrem Pflegekind den Alltag durch die Sabotage Dritter erschwert.
Und genau das führt endlich dazu, dass eine übergeordnete Vernunft auch die anderen Beteiligten erreichen kann. Manchmal geht es nicht anders. –
Wunderbare Geschichte! Ein Hoch auf diese Pflegemutter und alles Gute für diese Familie. –
Also ich glaube ja, dass so wie man sagt, dass Ehen im Himmel geschlossen werden, auch der Familienzuwachs durch ein Pflegekind sehr oft einer ist, der auf seelischer Nähe beruht. Oder „Gott würfelt nicht“, wie Einstein sagte. Denn anders ist auch oft das „Zusammenfinden“ von Pflegeeltern und Pflegekindern nicht zu erklären. Meistens passt es gut. –
Darum versteht man als Pflegemutter das Kind – vor allen Dingen intuitiv – und kann es rasch lieb haben und beim Kind stellt sich endlich Behaglichkeit in dieser neuen Familie ein. Eine Behaglichkeit, die es vergebens gesucht hat bei den leiblichen Eltern.
Und wenn dann allerdings andere beteiligte Parteien (Sind die beteiligt beim Schulaufgaben helfen? Sind die beteiligt beim gemeinsamen Mittagessen? Sind die beteiligt beim Trösten oder Lösen von alltäglichen Sachen? Dreimal nein.) versuchen, dem einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen, dann zeugt es von Liebe, wenn die Pflegemutter authentisch ihrem Unmut auch mal freien Lauf lässt. Sie verteidigt dabei nicht mehr und nicht weniger als das, was das Kind nach allem immer noch hat: sein eigenes Lebensbuch.