Alle waren auf Seiten der leiblichen Mutter. Richterin, Jugendamt, Verfahrensbeiständin, Sachverständige, Umgangsbegleiterin. Eine junge Frau, die noch bei ihrer Mutter lebte. Zweimal die Woche fand vom Ende des Kindergartens bis 18.00 Uhr Umgang statt. Irgendwann erklärte sich die Mutter auch bereit, das Kind am Wochenende zu sich zu nehmen. Aber nur einen Tag und nur, solange sie krankgeschrieben sei. Die Pflegemutter machte alles mit. War stets pünktlich, immer freundlich, bereitet das Kind sorgsam vor und trug jede Entscheidung des Systems auf Erweiterung der Kontakte mit. Auf die Frage, wie es denn weitergehen solle, hatte niemand eine Antwort.
Die Richterin wies auf die Pflicht von Pflegeeltern hin, so viel Umgang wie möglich zu den leiblichen Eltern zuzulassen. Die Verfahrensbeiständin verwies darauf, dass unbedingt durch viel Kontakt eine Bindung hergestellt werden müsse. Die Sachverständige pries den inneren Wunsch eines jeden Kindes, bei seinen leiblichen Eltern leben zu wollen. Die Umgangsbegleiterin lobte die Fürsorglichkeit und Liebe der jungen Mutter in den höchsten Tönen. Das Jugendamt zuckte hilflos mit den Schultern – die Umgangskontakte würden stets sehr gut verlaufen. Irgendwann platzte dem fünfjährigen Kind der Kragen. Es schrie, schlug um sich, versteckte sich und weigerte sich, auch nur einen Schritt aus dem Haus seiner Pflegefamilie zu gehen. Was nun. Eine Rückführung sei noch zu früh jammerte die leibliche Mutter. Ich muss erstmal meine Ausbildung fertig machen. Die Pflegemutter muss auf das Kind einwirken, sagten die anderen. Dann schlug die Pflegemutter zaghaft vor, man könne doch den Umgang zunächst ein wenig reduzieren, um Vertrauen aufzubauen. Alles schrie durcheinander. Eine Frechheit. Kindeswohlschädlich sei so ein Vorschlag. Das zeige die Haltung der Pflegemutter, diese wolle gar keine Rückführung usw. Man ging auseinander, eine Entscheidung ergehe schriftlich kündigte die Richterin an.
Eine solche war dann aber nicht mehr nötig. Die leibliche Mutter verzichtete auf eine „Rückführung“. Sie habe jetzt einen neuen Freund, mit dem wolle sie erst einmal ins Ausland, ihre Ausbildung habe sie abgebrochen. Sie sei auch wieder schwanger und würde sich melden, wenn sie bereit sei, das Kind zu sich zu nehmen.
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