Das Kind lebte seit fünf Jahren in der Pflegefamilie. Das Verhältnis zur leiblichen Mutter war mal gut, mal schlecht. Umgänge fanden unregelmäßig statt. Es gab diverse Gerichtsverfahren in der Vergangenheit. Eines Tages flatterte völlig überraschend ein Schreiben vom Amtsgericht ins Haus. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die leibliche Mutter wollte die sofortige Rückführung. Zur Begründung reichten ihrem Anwalt 14 Zeilen: Ein Kind gehört zur Mutter, die Pflegemutter verhindert einen Bindungsaufbau, das Kind ist gefährdet. Die Richterin, die von Anfang an für alle Verfahren zuständig war, lud zum Termin. Eine Verfahrensbeiständin wurde bestellt, das Jugendamt zur Stellungnahme aufgefordert. Die Pflegeltern waren in heller Aufregung und beauftragten einen Anwalt. Die Kinder wurden angehört, das Jugendamt schlug ein Sachverständigengutachten vor, die Schule wurde um einen aktuellen Bericht gebeten.
Als sich alle zwei Wochen später beim Gericht trafen, saß plötzlich ein ganz anderer Richter vorne auf der Richterbank. Seine Kollegin sei erkrankt, er übernehme jetzt. Kaum hatten alle Ihren Platz gefunden ergriff er auch schon gleich das Wort und wandte sich an den Anwalt der leiblichen Mutter. Es könne doch wohl nicht angehen, dass man nach 5 Jahren Dauerpflege meinen könne, im Eilverfahren mit 14 Zeilen Begründung mal eben so das Kind zurückzubekommen. Der Antrag sei sowas von unbegründet. Bevor der Anwalt antworten konnte, verfügte der Richter die Ablehnung. „Die Kosten trägt die Antragstellerin“. Nach 5 Minuten war der Spuk vorbei.
Erfahren Sie hier mehr zu diesem Thema!
Neueste Kommentare