Pflegekinderrecht-Blog

Neulich bei den Pflegeeltern

Rechtsanwalt Matthias Westerholt aus Bremen informiert

Immer wieder wird Pflegeeltern im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt, sie seien nicht die „richtigen“ Eltern, sie seien „nur“ Pflegeeltern, „vorrangig“ seien die leiblichen Eltern. Wie ist es aber rechtlich? Wer sind rechtlich die „richtigen“ Eltern?

Diese Frage beantwortet das Recht (zu Recht) nicht. Das Recht statuiert für die Beteiligten (Kind, leibliche Eltern, Pflegeeltern) verschiedene Rechte und Pflichten. Leibliche Eltern haben das „Erstzugriffsrecht“ auf das Kind. Im Gegenzug dürfen sie das Kindeswohl durch ihre Erziehung und ihren Umgang mit dem Kind nicht gefährden. Sonst kann es ihnen weggenommen werden. Wobei die leiblichen Eltern stets eine Überprüfung der Wegnahme verlangen dürfen. Besteht keine Kindeswohlgefährdung mehr, können sie das Kind zurück verlangen. Kinder haben ein Recht auf Liebe, kindeswohlgerechte Versorgung, ein drogen- und gewaltfreies Leben und auf Sicherheit und Vertrauen in die Kontinuität guter Lebensbedingungen. So muss bei einer Wegnahme von oder (Rück-) Wechsel zu den leiblichen Eltern stetes geprüft werden, ob die Bindungen des Kindes zu seinen neuen, sozialen Eltern so stark und wichtig (geworden) sind, dass sie nicht mehr gekappt werden können/dürfen.

Pflegeeltern haben das Recht vor Gericht gehört oder gleichberechtigt beteiligt zu werden, sind verpflichtet, das Kind in seiner Entwicklung zu einer eigenständigen Persönlichkeit zu begleiten und können den Wechsel des Kindes in eine Einrichtung oder (zurück) zu den leiblichen Eltern „zur Unzeit“ verhindern. Stoßen die verschiedenen Interessen, Rechte und Bedürfnisse im familiengerichtlichen Verfahren aufeinander, sind sie zu bewerten, zu gewichten, gegeneinander abzustimmen und ausreichend zu prüfen. Am Ende soll dann eine kindeswohlgerechte Entscheidung entstehen.

„Richtige“ oder „falsche“ Eltern gibt es in diesem Kontext nicht. Nur Beteiligte mit unterschiedlichen Rollen, Rechten und Pflichten. Wer die leiblichen Eltern in der Hierarchie weiter oben ansiedelt oder Pflegeeltern als „Eltern auf Zeit“ ansieht, denkt und argumentiert ideologisch, aus Machtinteressen oder aufgrund eigener (Eltern-) Erfahrungen. Zuletzt begründete eine psychologische Sachverständige einen solchen Vorrang sogar mit einem „vorgeburtlichen Bedürfnis“ aller Kinder, bei den leiblichen Eltern leben zu wollen. Das ist rechtlich alles Quatsch. Jeder hat seine Rolle und seine Position.

Am Ende soll es eine gute Entscheidung für das Kind geben. „Richtige“ und „falsche“ Eltern kennt das Recht zum Glück nicht.