Das 5-jährige Kind lebte seit drei Jahren in der Pflegefamilie. Seine leiblichen Eltern waren gestorben. Die Pflegemutter war die leibliche Großmutter mütterlicherseits, der Pflegevater ihr neuer Ehemann. Das Jugendamt und die Amtsvormünderin forderten die Herausgabe. Begründung der drei jungen, gerade eingearbeiteten Mitarbeiterinnen des Jugendamtes: Der Pflegevater sei nicht der soziale Vater des Kindes, sondern der soziale Großvater. Er habe aber zugelassen, dass das Kind teilweise „Papa“ zu ihm sage und ihn als sozialer Vater sehe.
Dadurch werde das Kind irritiert. Es habe seine leiblichen Eltern verloren und müsse sich dem dadurch verursachten Trauma stellen. Das ginge aber nicht, wenn sich der soziale Großvater wie ein sozialer Vater verhalte. Das Kind müsse daher in eine Einrichtung. In dem dort größeren Betreuungssetting könne das Kind besser „umerzogen“ werden. Das Verhältnis zum sozialen Großvater, zu dem es auf jeden Fall Umgänge geben solle, könne dann „korrigiert“ und zu einem normalen Kind-Opa Verhältnis „umgewandelt“ werden. Außerdem sei es doch egal, ob das Kind im Haushalt der Pflegeeltern lebe oder mit diesen umfangreich Umgänge stattfinden würden. Dann würden die Pflegeeltern von alltäglichen Dingen und Aufgaben entlastet und könnten sich ganz ihrer Rolle als Großeltern widmen. Zum Glück waren Richterin und Verfahrensbeiständin fassungslos. Die Pflegeeltern blieben ruhig. Die Richterin teilte nur kurz mit, dass sie das Kind noch anhören werde und dann den Verbleib anordnen werde. Darauf teilte das Jugendamt mit, wenn der Verbleib angeordnet werde, würde man sofort das Pflegegeld streichen. Ende der Verhandlung.
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Seit ich selbst Soziale Arbeit studiere ist mir klar, weshalb sich die Mitarbeitenden der Jugendämter oft so merkwürdig verhalten. Im Studium wird das Thema Pflegekinderhilfe nicht einmal erwähnt. Weder Bindungstraumatisierung noch FASD spielen irgendeine Rolle. Im Fach Psychologie geht es nicht viel weiter als bis zum Pawlowschen Reflex.
Bei den Klausuren wird Bulimie-Wissen abgefragt. Wir waren uns zwischendrin einmal sogar unsicher, ob die Hausarbeiten gelesen werden, denn wirklich eklatante Fehler einer Mitstreiterin wurden erst nach der dritten Hausarbeit bemängelt.
Eine ehrliche Kommilitonin meinte nach einem Praktikum im sechsten Semester im ASD des JA: “Ich konnte in keinster Weise mitreden!”
Das angebliche Fachwissen, das die drei Damen im Beitrag von sich geben, ist reine “Küchentischpsychologie” und damit selbst erdachter Schmarrn!
Jedem und jeder der oder die behauptet zwischen dem Aufwachsen in einer Pflegefamilie und dem Aufwachsen im Heim bestehe kein Unterschied, gehört sofort die eigene Wohnung entzogen und in ein betreutes Wohnen überstellt. Mal sehen ob er oder sie einen Unterschied bemerkt (Achtung Ironie).
Für Interessierte eine stark vereinfachte Darstellung:
Bindung ist für Kinder essentiell also Überlebenswichtig. Aus diesem Grund binden sich Kinder an Straftäter (damit sind ein hoher Prozentsatz von leiblichen Eltern in der Pflegekinderhilfe gemeint). Das Umlernen von einer Angstbindung zu einer guten Bindung ist nur in einer Familie möglich (die gesunde Bindung anbietet).
Aufgrund der Struktur eines Heimes (ständig wechselnde Mitarbeitende) ist Bindung dort prinzipiell nicht möglich. Bindung ist von Beziehung zu unterscheiden.
Die angesprochene “Umerziehung” erinnert an die schwarze Pädagogik. Aber auch das ist ein Begriff, der in der Ausbildung der Sozialpädagogen nicht erwähnt wird.
Herzliche Grüße